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Arbeitsplatz Tanzparkett

20.11.2010 | 17:52 | von Martina Leingruber und Michael Köttritsch (Die Presse)

Warum Tanzsport teuer ist, nicht reich, aber dennoch Spaß macht, warum Amateure die wahren Dancing Stars sind, auch wenn sie nicht in einer TV-Show auftreten, und warum das Fernsehen Jugendliche zum Sport animiert.

Tänzer müssen früh anfangen mit ihrer Wettkampfvorbereitung. Früher als andere Sportler. Nicht weil das Aufwärmtraining so lange dauert. In dieser Hinsicht brauchen sie nicht länger als Skifahrer oder Fußballer.

„Den Unterschied machen die Vorbereitungen in der Maske“, sagt Vladimir Slon, der mit seiner Partnerin Bianka Zubrovska das beste Tanzpaar Österreichs stellt. Zwei Stunden braucht Zubrovska für die Haare, eine gute halbe Stunde für das Make-up. Slon hingegen erledigt die Arbeit mit Kamm, Kajal und Concealer in einer Viertelstunde.

Das dicke Auftragen sei notwendig, erzählen die Tänzer, damit der Gesichtsausdruck des Paares für Wertungsrichter wie für Zuseher, die oft weit entfernt sitzen, deutlich erkennbar ist. Das gilt auch für die Wiener Stadthalle, in der an diesem Wochenende mehr als 2000 Tänzer bei den Austrian Open teilnehmen. Es geht um einen Gesichtsausdruck, der zumeist ein Lächeln oder Grinsen zeigt, das weniger Tanzsport-affine Zusehern oft als aufgesetzt und penetrant erleben. „Es ist wie bei den Schauspielern: Wir versuchen, etwas zu verkaufen und die jeweils passenden Emotionen zu zeigen“, sagt der aus Kaliningrad stammende Slon, der 2002 nach Österreich kam. „Wenn alles klappt, kommt das Lächeln automatisch.“ Ein gefaxtes Grinsen, ein bloßes Mundwinkel-nach-oben-Ziehen ist in der Branche hingegen verpönt.

Glitzernde Klunker. Beliebt hingegen sind schöne Kleider: Bunt und vor allem glänzend sollen sie sein. Mit der Anzahl der Klunker steigt auch der Preis. Zwischen 1200 und 1500 Euro kostet das Outfit für die Dame, etwa die Hälfte der Anzug für den Herren. Bianka Zubrovska, die 26-jährige gebürtige Polin, zeichnet die Designs der Kostüme selbst und lässt diese in Slowenien fertigen. Die ganz besondere, opulente, beinahe überladen wirkende Ästhetik der Kleider und Anzüge habe geschichtlichen Hintergrund, erklärt ihr 27 Jahre alter Partner Vladimir Slon: „Es ist die Fortschreibung der Ballgepflogenheiten der reicheren Schichten.“

Während das Publikum mit den Roben betört werden soll, lassen sich die Juroren nicht blenden. Natürlich helfe ein etablierter Name, das ist im Eiskunstlaufen oder Kunstturnen nicht anders, ist man in der Szene überzeugt. Genau genommen aber achten die Juroren auf fünf Kriterien:

auf den Takt, der das vorrangige Wertungsgebiet ist, den Bewegungsablauf, die Körperlinien und die Schrittechnik.

Entscheidend ist der Gesamteindruck als fünftes Element: rhythmisches Einfühlungsvermögen, Musikalität, Schwierigkeitsgrad und harmonische Ausführung der Figuren zählen ebenso dazu wie die Raumeinteilung und die Gabe, anderen Paaren gegebenenfalls auszuweichen.

Ohne entsprechendes Training aber gibt es kein Lächeln, sondern nur gequälte Blicke für die Wertungsrichter: An sechs bis sieben Tagen pro Woche stehen für Slon/Zubrovska mehrstündige Trainingseinheiten auf dem Programm: „Vor dem Spiegel auf dem Parkett, in der Kraftkammer oder auf der Laufstrecke“, sagt Slon. „Wir trainieren zweimal täglich“, ergänzt Zubrovska, „und wir arbeiten auch viel mit Videoanalysen.“

Angesichts des hohen Aufwandes mussten sich die beiden entscheiden: Ausbildung und Job oder Tanzkarriere. Die Entscheidung fiel rasch. Bianka Zubrovska stellte ihr Architektur-Studium, Vladimir Slon sein IBWL-Studium zurück. Slon verdient als Heeressportler, sonst ist das Paar aber auf Sponsoren und Unterstützung durch den Tanzsportverband und den eigenen Klub angewiesen. Und auf das Preisgeld, das es bei Turnieren zu holen gibt. Reich werden die beiden auf diese Weise allerdings nicht, ist doch eine Trainerstunde auf diesem Niveau nicht unter einhundert Euro zu bekommen.

Nur Profis dürfen kassieren. Denn mit dem Tanzen, also mit Tanzunterricht, dürfen sie kein Geld verdienen – sie sind schließlich Amateure, die arbeiten wie die Profis. Dem Amateurstatut wiederum müssen sie sich beugen, um staatliche Fördergelder beantragen zu können.

Da Slon/Zubrovska Österreich bei der WM in Wien in der Kombination vertreten, greifen sie gleich auf Trainer in vier Ländern, in Russland, Deutschland, Slowenien und Italien, zurück – eine teure Angelegenheit, fallen dadurch auch erhebliche Reisekosten an.
Dennoch bleiben die beiden realistisch: „Kein Trainer kann dich zum Weltmeister machen – es kommt immer darauf an, was du daraus machst.“ Vielfältige Inputs sind aber notwendig, schließlich sind sie in der Kombination gefordert, in zehn verschiedenen Disziplinen top zu sein: in den Standardtänzen langsamer und Wiener Walzer, Tango, Slow Fox und Quickstep und in den lateinamerikanischen Tänzen Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, Paso doble und Jive.

Tänze, die aus der Tanzschule bekannt erscheinen. Und doch haben Tanzsport und Tanzschultanzen in der Praxis relativ wenig gemeinsam. Während es für den Tanzkurs nie zu spät ist, fährt für Tanzsportler der Zug schon relativ früh ab. Bereits Sechs- und Siebenjährige machen mehr als die Abfolge „Vor-Seit-Schluss“. Wer ein Heben und Senken in die Schritte einbaut, ganz bewusst Ferse und Ballen einsetzt und den ganzen Körper in die Abläufe einbindet, bewegt sich Richtung Tanzsport. Dazu kommt die Abstimmung auf einen Partner. Selbst Profis brauchen dafür ein bis zwei Jahre, um auch nach außen hin harmonisch zu wirken.

Rund 2000 Tanzsportler gibt es in knapp 120 österreichischen Klubs. In den vergangenen fünf Jahren wuchs das „Dance Team Austria“ von 13 Paaren auf insgesamt 90 Sportler an. Eine Entwicklung, auf die Hermann Götz, Präsident des Tanzsportverbandes, mit Stolz blickt. Die steigende Popularität des Formationstanzes tat ihr Übriges, die Gruppe aus Zwölfaxing wurde bei der WM in Moskau Ende Oktober Siebenter. Die Zahl an Sporttänzern – so hofft man seitens des Verbandes – könnte steigen, hielte Tanzen Einzug in den Kanon der olympischen Sportarten. Vom Internationalen Olympischen Komitee seit 1997 anerkannt, ändern.sind Tanzbewerbe vorläufig nur bei den World Games zugelassen. Und daran dürfte sich auch so schnell nichts

Also sind es andere Impulse, die Menschen zum Tanz(-Sport) bringen. Einer könnte der Film „Burlesque“ sein, der am 6. Jänner in den heimischen Kinos anläuft. Darin versuchen sich die Schauspielerinnen Cher und Christina Aguilera als singende und tanzende Protagonisten eines Revuetheaters. Ob der Film allerdings in Sachen Animation zum Tanz in der Liga von „Flashdance“ oder „Dirty Dancing“ spielt, bleibt abzuwarten.

Hilfe live vom Küniglberg. Auch die TV-Show „Dancing Stars“ hilft der Branche und liefert für Zuseher den Anstoß, selbst wieder einmal die Tanzschuhe zu schnüren. Die Szene ist in ihren Erwartungen allerdings realistisch. Die Zuwachsrate an neuen Schülern lag bei den bisherigen fünf Ausscheidungen jeweils bei unter zehn Prozent, sagt Wolfgang Wagner, der Präsident des Tanzlehrerverbandes. Das dürfte sich auch nach der nächsten Staffel der ORF-Show nicht ändern. Die sechste Auflage des Fernsehspektakels soll am 11. März 2011 starten. Prominente wie Schauspielerin Christine Kaufmann, Ex-Skirennläuferin Alexandra Meissnitzer, TV-Moderatorin Cathy Zimmermann, Kabarettist Reinhard Nowak und vielleicht auch Ex-Schwimmerin Mirna Jukić werden dabei das Tanzbein schwingen.

Die fünfte „Dancing Stars“-Staffel mit Siegerin Claudia Reiterer war im Frühjahr 2009 erfolgreich gelaufen, hatte aber mit 787.000 Zuschauern rückläufige Quoten zu verzeichnen. Die vierte Staffel hatte noch durchschnittlich 1,276 Millionen Seher vor den Bildschirm gelockt.

Die Tanzschulen profitieren aber nicht nur von Shows, in denen klassische Tänze auf dem Programm stehen: MTV begeisterte mit „Hiphop Dance Battle“ oder „America's Best Dance Crew“ – und animierte Hobbytänzer, sich wie die Protagonisten in den Musikvideos zu bewegen.

Die deutschen Tanzlehrer erkannten diesen Trend schon Ende der 1990er-Jahre, kreierten ein neues Produkt und nannten es „Dance4Fans“. Dabei werden in Tanzschulkursen Choreografien aus Musikclips der Charthits vermittelt und einstudiert. „Verwendet werden in den Kursen teilweise originalgetreue Schritt- und Bewegungsfolgen“, sagt Evamaria Fürholzer, Tanzlehrerin und Dance4Fans-Österreich-Präsidentin, teilweise seien die Moves aus Hiphop-, Breakdance- oder Jazzdance-Elementen aber so kompliziert, dass entschärfte Versionen unterrichtet würden. Rund 2500 österreichische Jugendliche zwischen elf und 16 Jahren werden in 30 Tanzschulen dabei zu mehr oder weniger täuschend ähnlichen Doppelgängern von Eminem, Shakira, Rihanna und Co. 1300 Tänzer trafen sich erst vor wenigen Wochen in Wien, um die Europameister im Solo-, Duo- und Gruppenbewerb zu küren.

Drei tanzen, zwei zahlen. Die klassischen Geschlechterrollen sind bei dieser Form des Tanzens vollkommen aufgelöst: „Bei Dance4Fans sind 90 Prozent der Aktiven weiblich.“ Im klassischen Tanzschulbetrieb hingegen ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen. Das liegt auch an der Aktion „3 for 2“, ist man sich im Tanzlehrerverband sicher: Melden sich ein Mädchen und zwei Burschen gemeinsam zum gleichen Kurs an, zahlt das Trio nur für zwei Personen. Die knapp 80.000 Tanzschüler, die es jetzt während der Hauptsaison wöchentlich auf das Parkett zieht, sind je zur Hälfte Männer und Frauen.

Gänzlich gleichberechtigt sind die Frauen im Tanzsport aber zumindest äußerlich nicht: Bei der Nennung der Tanzpaare steht immer zuerst der Name des Tänzers, erst hinter dem Schrägstrich findet sich jener der Tänzerin: „Der Mann hat große Verantwortung: Er führt und wird deshalb als erster genannt“, klärt Ronny Leber, Pressesprecher des Österreichischen Tanzsportverbandes, auf. Eine davon etwas abweichende Erklärung bietet der mehrfache Tanzweltmeister Franco Formica aus Deutschland an: „Der Job des Herren ist es, die Dame gut aussehen zu lassen.“

Weltelite in Wien zu Gast
Bis heute Abend werden die Austrian Open in der Wiener Stadthalle mit Bewerben in Standard- und lateinamerikanischen Tänzen ausgetragen. Gestern wurden die Kombinations-weltmeister ermittelt.
www.austrianopen.at
Noch ein Großereignis
Am 27. November kämpfen in Wien (20., Hopsagasse) 30 Rock'n'Roll- Ladies-Formationen um den Titel.
www.rockexplosion.at
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2010)

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